Studierendenwohnheim auf dem Campus der Montags-Stiftungen, Bonn
Kategorie: | Studentisches Wohnen |
Wettbewerb: | 2016, 1. Preis |
Auslober: | Montag Stiftungen, Bonn |
Lage: | Stiftungs-Campus, Bonn |
Bauvolumen: | 2 Gebäude mit insg. 1.900m² WFl |
Nichtoffener Realisierungswettbewerb „Erweiterung des Stiftungscampus der Montag Stiftungen“ in Bonn
Villen im Park – die städtebauliche Idee
Freistehende Gebäude im Park prägen den gesamten Stiftungscampus und die Villen am Rheinufer den näheren Kontext. Die beiden neuen Häuser orientieren sich in ihrer Größe und Körnung an dieser Typologie und bilden mit den benachbarten Villen ein Ensemble mit einer abwechslungsreichen Silhouette. Ein kleiner gemeinsamer Platz mit urbanen Qualitäten öffnet sich über Fugen zwischen den Gebäuden dem baumbestandenen Garten der Villa Prieger, den Stiftungen in den Raiffeisengebäuden und dem großzügigen Freigelände der benachbarten Kinderklinik. Der heutige Niveauunterschied zwischen den einzelnen Villen wird dabei angeglichen, das Niveau um die Neubauten entsprechend angehoben. Der barrierefreie Zugang zu allen Häusern und die gleiche Wertigkeit bestehender wie neuer Gebäude unterstreichen die Idee eines gemeinsamen Campus.
Der Zugang zum Rhein wird durch eine breite einläufige Treppe deutlich lesbarer und lädt die Flaneure am Rhein zum Besuch des Stiftungscampus ein, der historische Ductus der Mauer bleibt dabei erhalten. Über dem Rhein zugewandte ebene Flächen, die für unterschiedliche Nutzungen offen stehen, wie einem von den Studenten betriebenen Biergarten an der Balustrade, Wiesen für Ballspiele und Terrassen mit erholsamen Ausblick, erreicht man das obere Gartenniveau mit seinem imposanten Baumbestand.
Nachbarschaft und Gemeinschaft – das Gebäudekonzept
Unterschiedliche Gemeinschaftsangebote bilden die Grundlage für das Konzept der Gebäude. Die kleinste Einheit ist die überschaubare Einheit auf der Etage mit 5 – 9 Personen. Die Zimmer als individuelle Rückzugsorte orientieren sich zu einem gemeinsamen Wohnzimmer mit Küche, Essbereich, Waschbar und vorgelagertem Freibereich. Der ganzen Hausgemeinschaft dient ein großzügiges Foyer im Erdgeschoss als Bewohnertreff, das auch als Co-working Space oder Café für alle genutzt werden kann. Allen Studenten stehen in den von außen zugänglichen Untergeschossen eine Fahrradwerkstatt, ein Studio für Musik und mehrere Werkräume zur Verfügung. Die Geschosse werden einerseits barrierefrei über ein Treppenhaus mit Aufzug erschlossen. Andererseits sind alle Freibereiche durch Treppen miteinander verbunden, so dass ein informeller Austausch über die Etagen sowie die Zugänglichkeit zum Park und damit ein zweiter Zugang angeboten werden kann. Zonen unterschiedlicher Privatheit und Öffentlichkeit sollen das gemeinsame Wohnen und die Bildung von Gemeinschaften ermöglichen und fördern.
Nachhaltige Nutzung – Flexibilität und Konstruktion
Die heute für das gemeinschaftliche Wohnen von Studenten konzipierten Gebäude sollen in einer späteren Nutzungsphase auf sich ändernde Anforderungen reagieren können. Baulich dient als Basis eine Gebäudestruktur in Skelettbauweise mit einem zentralen Treppenhauskern als aussteifendem Kern. Das Innere kann demnach mit geringen Eingriffen an andere Raumkonzepte angepasst werden. Denkbar und den beiliegenden Piktogrammen dargestellt sind folgende Wohnnutzungen:
- Wohnen für Familien
- Wohnen für Alleinstehende und Senioren 1- + 2- Personen Haushalte
- Wohnen auf Zeit – Hostel für junge Reisende
- Wohngruppen für Behinderte oder Wohngemeinschaften für Senioren
Darüber hinaus ist auch eine Nutzung als Büro (Kombi-, Gemeinschafts- oder Zellebüro) für kleine Gewerbeeinheiten oder als Schulungs- und Seminargebäude z.B. für die Stiftung möglich.
Villa Heckmann – das Denkmal
Die historische Villa als repräsentatives Wohnhaus des Bürgertums im 19. Jahrhundert gedacht, hat sich trotz ändernder Gesellschaftsformen über die Zeit als leistungsfähige Bautypologie für unterschiedliche Nutzungen bewährt. Diese Gebäudestruktur ermöglicht auch bei der Villa Heckmann flexible Grundrisse mit einem hohen Wohnwert. Eine gemeinsame Halle in der Mitte des Gebäudes dient als verbindendes Element über alle Geschosse mit den Gemeinschaftsangeboten, wie Wohnküche und Aufenthaltsbereichen im Erdgeschoss. Die großzügigen Raumhöhen werden für Galerien und Hochbetten in den Zimmern genutzt. Die Struktur und die Silhouette der Villa werden erhalten und machen sie mit ihrer Geschichte zu einem gleichberechtigten und wichtigen Bestandteil des neuen Ensembles.
Freiraum – Qualitäten und Materialien
Die historisch bedingte Trennung des heutigen Campus durch Mauern und Zäune sowie die lineare Zuführung zum Rhein soll aufgehoben werden, indem die Topografie angeglichen und die Kastanienreihe vor dem abzubrechenden Bestandsgebäude zu Großteilen herausgenommen wird. Einzelne Bäume werden in die neue Platzfläche integriert. Um die Transparenz innerhalb des Geländes zu erhöhen, werden zudem der Unterwuchs und einzelne dichtstehende Gehölze entfernt. Vorteil dieser Maßnahmen ist zudem, dass die besonders wertvollen Solitäre auf Seiten der Villa Prieger mehr Raum und Licht erhalten, keinem Pflanz- und Schattendruck mehr ausgesetzt sind und damit optimale Bedingungen zur weiteren Entfaltung erhalten.
Die räumliche Konfiguration eines selbstverständlichen Campus setzt sich auch in der Wahl der Materialien fort. Es sind einfache, aber harmonisch aufeinander abgestimmte Farben gewählt, als auch eine langlebige und Pflegeextensive Material- und Vegetationstextur. Die großen befestigten Flächen werden durch Betonpflasterplatten belegt, die einen warmen, erdfarbenen Ton aufweisen, der mit dem Holz der Fassaden korrespondiert. Die Farben changieren leicht, wie bei einem schönen Sandstein. Die Plattengröße ist mit 30/20 für jedweden Fahrverkehr wie Umzugswagen oder Müllabfuhr ausgelegt. Einfassungen von den einzelnen Terrassenebenen erfolgen mit einer Sitzkante aus Beton, vorgelagert zeigen sich wie selbstverständlich einzelne Betonstufen, welche die Höhenverläufe zwischen den einzelnen Gartenebenen begehbar machen. Auch die Treppenanlagen zum Gelände der Kinderklinik, sowie die Einfassungen der Pflanzbalkone zeigen sich in einem warmtönigen Beton. Sämtliche Ausstattungselemente wie Leuchte, Fahrradständer, Geländer etc. werden ebenfalls in einem warmen Grauton gesetzt und nicht einer kalten feuerverzinkten Fassung.
Zwei Holzdecks bilden die zentrale Kommunikationszone im Freiraum und bieten Platz zum liegen, sitzen, fläzen und unterhalten.
Der Ausbau des Boulevards am Rhein sowie die Erweiterung der Treppenanlage hingegen wird adäquat zum Bestand in wassergebundener Wegedecke, bzw. Basaltlava vorgenommen.