Neubau Amtsgericht, Erkelenz
Kategorie: | Öffentliche Gebäude |
Wettbewerb: | 2008 |
Auslober: | Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW Zentrale |
Lage: | Stadtzentrum Erkelenz |
Bauvolumen: | 5.000m² BGF |
Realisierungswettbewerb „Amtsgericht Erkelenz“
Städtebau, Freiraum
Der kompakte, ruhige Baukörper des neuen Amtsgerichts soll zum einen die heterogene Umgebung beruhigen und der Nutzung angemessen würdig durch einen selbstbewussten Auftritt am Konrad-Adenauer-Platz überzeugen. Der Eingang zur Kölner Str. soll betont werden. In vier Geschossen wird der gesamte Wettbewerbsbereich überbaut und respektiert so die Höhe der umliegenden Gebäude.
Zur Platzfläche (Ecke Kölner Str.) ist der Baukörper 6-geschossig. Die Höhe des Baukörpers verstärkt die Präsenz des Gerichts am Platz und markiert den Eingang zur Haupteinkaufsstrasse. Die Ausrichtung des hohen Baukörpers parallel zum Platz ist die Referenz an die längliche Form des Platzes.
Das Raumprogramm macht schon eine weitgehende Ausnutzung des Baufeldes notwendig. Das Gericht ist aber auch ganz entschieden in die Kölner Strasse und auf den Platz gerückt.
Die Erschließung des Gerichts soll für Personal und Publikum über die Platzfläche erfolgen, die im Nahbereich des Zugangs über wenige Stufen angehoben ist. So entsteht vor dem Hauptzugang eine ebene Fläche und der Eingang wird akzentuiert. Die geforderte kommerziell genutzte Ladenfläche wird entlang der Kölner Str. eingeschossig und als eine zusammenhängende Fläche an der Nord-Ostecke platziert.
Gebäude
Vom Konrad- Adenauer-Platz betritt der Besucher über Sicherheitsschleusen das zum Platz verglaste Foyer das die dem Platz zugewandte Hälfte des Erdgeschosses einnimmt.
Die dem Platz abgewandte Seite des Erdgeschosses wird komplett von der kommerzielle genutzten Fläche zur Kölner Str. belegt.
Über eine großzügige Treppenanlage wird das 1. Obergeschoss erschlossen, in dem alle Gerichtsfunktionen zusammengefasst sind. Auf dieser Ebene befindet sich sonst nur noch der räumlich getrennte Soziale Dienst. (Die Erschließung des Sozialen Dienstes erfolgt über einen eigenen Zugang aus der Kölner Str.)
Das Haus, als Atrium- Typ entworfen, gruppiert alle Gerichte und die Büros bis ins 4. Obergeschoss um einen Innenhof mit verglastem Dach, so dass alle Erschließungsflächen (Galerien) und Wartebereiche von Tageslicht und vielfältigen Sichtbeziehungen profitieren. Die Aufenthaltsräume am Atrium können zusätzlich natürlich indirekt belichtet werden.
Abgehängte Trockenbaudecken kommen nur im EG und im Gericht zur Ausführung (Akustik, Belüftung). Die Beleuchtung muss dementsprechend integraler Bestandteil der (Rohbau) Planung sein.
In den Obergeschossen über dem Gericht sind ausschließlich die Abteilungen des Gerichts untergebracht. Im 5. und 6. Obergeschoss, die über dem Atrium liegen (und über großen Teilen der Umgebung), soll die Aufenthaltsqualität durch den Ausblick aus den Büros und Fluren und durch eine größere Intimität der Abteilungen gewährleistet werden. Die Erschließungsfläche ist hier auch natürlich belichtet.
Im Erdgeschoss befinden sich Publikums -und Personalintensive Funktionen die nicht unmittelbar dem Gericht dienen, wie Cafeteria/Kantine, Grundbuchamt und Zahlstellen.
Kurierdienste und Post erhalten aus der Kölner Str. direkten Zugang zur Wachtmeisterei. Am Fluchttreppenhaus an der Kölner Str. befindet sich eine optionale Aufzugsanlage, die als gesteuerter und gesicherter Durchlade- Aufzug Warentransport und behindertengerechten Zugang zum Sozialen Dienst übernehmen kann, wenn der Zugang für Behinderte Besucher des Sozialen Dienstes nicht über das Gericht erfolgen darf. Die geforderten Aufzüge liegen nebeneinander im Foyer um schnellen Personentransport zu gewährleisten.
An der Nordfassade (Rückseite) des Gerichts soll das Untergeschoss über eine Rampe erschlossen werden, die Lieferfahrzeuge bis 7,5 m Länge und 2,45m Höhe die Anlieferung ermöglicht. Die Kölner Str. wir so, unter besonderer Berücksichtigung der geplanten Neubaumaßnahmen westlich des Gerichts, großenteils von Lieferverkehr (Materiallieferung, Reinigung, Altpapier, Akten usw.) entlastet. Der Gefangenentransport lässt sich so optimal organisieren. Von den Vorführzellen lassen sich Gefangene durch das direkt danebenliegende Treppenhaus und einen separaten Zugang vom Treppenhaus zum Verhörraum und von da ins Gericht vorführen. Begegnungen mit Besuchern des Gerichts können so ganz vermieden werden.
Fassade, Materialität
Die einfache, aber städtebaulich zurückhaltend markante Form wird durch eine deutlich strukturierte Fassade gegliedert. Die Verwendung weniger Materialien von nachhaltiger Qualität soll helfen die funktionale Bedeutung des Hauses zu unterstreichen.
Der Massivbau erhält eine festverglaste, raum- hohe Aluminium-Fensterfassade. Paneele mit Öffnungsflügeln in jeder 3. Achse gewährleisten eine natürliche Belüftung. Insgesamt entsteht durch die Verwendung von weißen, gesäuerten Betonfertigteilelementen ein helles Haus.
Im Innenraum dominieren Glas, warme Töne (Holz) im wechselnden Licht von Tages- und Jahreszeiten. Die Böden in den repräsentativen Bereichen des Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss sollten mit Naturstein ausgeführt werden.
Energie im Dialog von Architektur und Technik
Das Energiekonzept berücksichtigt in besonderer Art und Weise die Reduzierung der laufenden Betriebskosten für Energieverbrauch und Wartung während des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes. Die integrale Betrachtung der für die Technische Gebäudeausrüstung bestimmenden Parameter und deren konkrete Abstimmung aufeinander wie z.B. die bauphysikalischen Parameter der Gebäudehülle des Neubaus, der angestrebte Nutzerkomfort sowie die Lage der Zentralenanordnung sorgen für langfristig geringe Aufwendungen und eine positive CO2 Bilanz. Die Gebäudehülle mit optimierter Balance zwischen transparenten und opaken Flächenanteilen und die moderne Gebäudetechnik sorgen für eine Unterschreitung der Anforderung der ENEV 2009.
Zur Reduzierung des Heizenergiebedarfs des Gebäudes wird ein überdachter Innenhof als Wärmepuffer realisiert. Dieser reduziert die Hüllfläche des Gebäudes und trägt zur Optimierung des Transmissionswärmebedarfs bei.
Weite Teile der Erschließungsflächen (Warte- und Flurflächen) sind tagsüber natürlich belichtet, so dass auf elektrische Beleuchtung verzichtet werden kann. Alle Büros an der Halle können zweiseitig belichtet werden und sind natürlich belüftet.
Um sichere Fluchtwege zu gewährleisten, wird eine mechanische Entrauchung der Halle, sowie Rauchschutzvorhänge vorgeschlagen.
Auf dem Neubau ggfs. untergebrachte Fotovoltaikkollektoren ergänzen die zentrale Versorgung und tragen zur ressourcenschonenden Energiebereitstellung bei.
Der Einsatz von Wärmetauschertechnik ist in Kerngebieten umstritten und unter Umständen nicht realisierbar, daraus folgt, dass die Heizwärmeerzeugung mittels Gasbrennwertkessel erfolgt. Die Erzeugung der Kälteenergie erfolgt durch luftgekühlte Kältemaschinen.
Die Nutzungsbereiche mit Fassadenkontakt erhalten statische Heizflächen. Die Säle werden über die Lüftung beheizt. Der Foyerbereich erhält eine Fußbodenheizung
Zur Verbesserung der Behaglichkeit in den Büros wird eine Thermische Bauteilaktivierung vorgeschlagen.
Als Konsequenz bleiben die Decken der Büros weitgehend frei von abgehängten Decken, deren Masse trägt zusätzlich durch ihre Speicherfähigkeit und phasenverschobene Abgabe von Wärme/Kälte zur Energieeinsparung bei.
Alternativ sind zur Energiebedarfsreduzierung der nicht mechanisch belüfteten Räume flächenmäßig optimierte Deckensegel möglich, die aus PCM (phase changing material) –Werkstoff bestehen. Diese neuartigen Materialien speichern Energie durch den Wechsel des Aggregatzustandes und reduzieren den Kühlbedarf ohne technische Hilfsenergie. Weiterhin können die Segel raumakustische Bedingungen verbessern.
Zusätzlich wird in den Sonderbereichen EG. (Gerichtssäle) eine Teilklimaanlage notwendig, die den Nutzerkomfort sicherstellt. Sowohl im Sommer als auch im Winter stellt sich in den belüfteten Bereichen nach dem Quellluftprinzip ein Optimum an thermischer Behaglichkeit ein, da Zugerscheinungen sicher vermieden und unangenehme Raumtemperaturen verhindert werden.
Diese Anlagen sind mit effektiven Energierückgewinnungsanlagen ausgestattet.